Das Zeitzeugengespräch ist eine Möglichkeit für Jugendliche, lebendiger Geschichte zu begegnen. In der Alltagsgeschichte der Zeitzeugen finden sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen ihrem eigenen Leben wieder. Sie erfahren, wie sich Menschen an Geschichte erinnern und mit ihr umgehen, und können daraus eigene Erkenntnisse für die Bildung aber auch für die eigene Zukunft ableiten.
Ein Zeitzeugengespräch über die Erfahrungen der Person sind keine zeitgenössische Quelle, sondern eine individuelle Darstellung von Geschichte. Für Historiker ist es eine wichtige Quelle, seit sich die Geschichtswissenschaft nicht mehr nur mit Staatsmännern befasst, sondern für die Mentalitätsgeschichte und Alltagsgeschichte und die heterogene Zusammensetzung einer Gesellschaft interessiert. Das Zeitzeugengespräch vermittelt subjektive Eindrücke, Erlebnisse und Perspektiven auf die Geschehnisse der Zeit und ordnet sie auch in das eigene Leben der Person ein. Je größer der zeitliche Abstand zu den Ereignissen ist, desto wahrscheinlicher sind Gedächtnislücken oder Ungereimtheiten. Erlebnisse werden in der subjektiven Narration des Menschen immer auch gedeutet und mit Sinnhaftigkeit ausgestattet, auf die darauffolgende Erfahrungen aufbauen. Eine Erinnerung wird im menschlichen Gedächtnis nicht einmal abgespeichert, sondern immer wieder aufgerufen und in einen Sinnzusammenhang gestellt. Genauso sind auch Verdrängung und Vergessen normale menschliche Mechanismen, derer sich im Vorfeld eines Gesprächs bewusst zu sein gilt. Das Ziel eines Gesprächs ist also nicht, eine lückenlose Rekonstruktion der Vergangenheit zu versuchen, sondern anhand menschlichen Erlebens die Geschichte subjektiv greifbar zu machen.
leitfaden_interviews_zeitzeugen.pdf
Ausführlicher Leitfaden für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbearbeitung eines Zeitzeugeninterviews im Schulunterricht.