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Namenslesung

»In der jüdischen Tradition ist jemand erst wirklich tot, wenn man ihn vergisst. Die Namenslesung soll verhindern, dass dies passiert.« (Michael Szentei-Heise, Jüdische Gemeinde Düsseldorf)

Format Namenslesung:

An einem besonderen Tag werden öffentlich die Namen der jüdischen Opfer des NS in den jeweiligen Städten vorgelesen. Mögliche Daten sind beispielsweise lokale Gedenktage an die Opfer der Shoa, der internationale Holocaustgedenktag am 27. Januar oder an den jeweiligen Tagen der Befreiung vom Faschismus oder Jom haScho'a („Tag des Gedenkens an Holocaust und Heldentum“). In manchen Städten werden nur die Namen der bekannten Personen verlesen, manchmal auch (falls bekannt) Geburtsdatum, Adresse vor der Deportation und Todesdatum und -ort. Es ist eine bewegende Möglichkeit, sich das Ausmaß der Shoa in der eigenen Stadt vor Augen zu halten und mit persönlichen Schicksalen greifbar zu machen. Gerade für junge Interessierte und Schülerinnen und Schüler ist es eine eindrückliche Möglichkeit, gelebte Erinnerung zu erfahren. Das Konzept sollte man im Kreise der Initiative und mit ausgebildeten Historikern und Nachfahren der Opfer besprechen und die jeweils beste Lösung für die örtliche Initiative wählen. Auch unvollständige Listen mit den bisher bekannten Namen und Fakten können vorgelesen werden, indem sie als solche kommuniziert werden. In den folgenden Jahren können die neugewonnenen Informationen in die Lesung integriert werden. Die Vorlesenden können Vertreter der Jüdischen Gemeinde, Politiker, Multiplikatoren und Bürgerinnen und Bürger der Stadt sein. Um einen reibungslosen, würdevollen Ablauf zu gewährleisten, sollten Reihenfolge und die Zuordnung der Namen und Vorleser vorher besprochen worden sein. Es kann aber auch der Öffentlichkeit spontan die Möglichkeit geboten werden, sich an der Vorlesung zu beteiligen.

Projektorganisation:

0) Recherche ob und wann es schon eine Initiative zur Namenslesung vor Ort gibt, oder sie sogar schon stattfindet (dann ist eventuell eine Beteiligung der Schulklasse bzw. Initiative möglich)

Falls es eine solche Veranstaltung nicht gibt:

1) Recherche der Liste der jüdischen Opfer des Holocaust in den jeweiligen Städten (In Zusammenarbeit mit der jeweiligen Jüdischen Gemeinde, einer Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust oder ähnliches)

2) Suche nach geeigneten Orten und Zeitpunkt. (Am besten mit Bezug zum Judentum oder der Geschichte der jeweiligen Stadt)

3) Suche nach Menschen, die bereit sind, an einer solchen Lesung teilzunehmen und verbindlich zusagen.

4) Suche nach Verbündeten in der Öffentlichkeit und den Medien. (Außer dem Rabbiner und den Vertretern der Jüdischen Gemeinde sollten Bürgermeister, Kulturschaffende, Schulklassen (die die Lesung im Unterricht vorher inhaltlich vorbereiten, zum Beispiel über die Beschäftigung mit bekannten Biographien von örtliche Zeitzeugen, oder Opfern.) sowie wichtige Multiplikatoren eingeladen werden, aber natürlich auch ganz normale Bürger, die Zeit und Lust haben, sich auf diese Weise an die ermordeten ehemaligen Mitbewohner zu erinnern.

5) Der Ablauf und die Reihenfolge der Lesung sollte vorher zumindest skizziert werden. Die Vorlesenden sollten wissen, wann sie an der Reihe sind und ggf. die Aussprache geübt haben.

6) Falls die Vorlesung der Öffentlichkeit die Möglichkeit bietet, spontan vorzulesen, sollte die Reihenfolge dieser Namen fixiert sein. Beispielsweise bietet sich ein Buch an, in dem ein verschiebbares Lesezeichen den Namen markiert, der als nächstes gelesen wird.

Das Format bietet zahlreiche Möglichkeiten, es mit weiteren Formen der Erinnerungsarbeit zu verknüpfen.

materialien/namenslesung.txt · Zuletzt geändert: 2018/10/28 16:49 von matthias