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zeitzeugen:czernowitz:herbert_rubinstein

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zeitzeugen:czernowitz:herbert_rubinstein [2017/12/13 13:24]
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zeitzeugen:czernowitz:herbert_rubinstein [2019/07/18 18:41] (aktuell)
matthias
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-====== Herbert Rubinstein ======+[[http://​example.com|Externer Link]]====== Herbert Rubinstein ====== 
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-Herbert Rubinstein wurde am 26. Februar 1936 in Czernowitz in einer jüdischen Familie von Max und Bertha Rubinstein geboren. Er war das einzige Kind seiner Eltern, die vom allerersten Augenblick an das Kind mit Sorgfalt und Liebe umgeben haben. Seine Großmütter und seine Großväter liebten den  kleinen Herbert. Vor allem die Eltern mütterlicherseits - Leiba und Hanna Wolf, die im gleichen Haus wie der Enkel in der neu gebauten Nicolae Filipescu-Straße (rumänisch - Starda N.Filipescu,​ jetzt - Straße des Maifeiertages) in der Nähe von Volksgarten lebten. Herberts Vater war Anwalt. Und Großvater Leiba leitete eine der lokalen Brauereien. Deshalb führte Herberts Familie ein bequemes Leben, hatte viele Freunde in der Stadt, verbrachte die Zeit mit dem Kind im Freien, insbesondre am Stadtstrand des Flusses Pruth+{{ :​zeitzeugen:​rubinstein.jpg?​300|}} 
-Herberts glückliche Kindheit dauerte nicht lange. Im Sommer 1940 wurde die Nordbukowina zusammen mit Czernowitz ​zum Bestandteil der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, ​als Folge der geopolitischen Perturbationen in Osteuropa. ​Die Familie Rubinstein wurden Bürger des neuen Landes. ​Herberts Vater konnte seine private Rechtsanwaltspraxis nicht mehr fortsetzen. Und die Brauerei des Großvaters wurde verstaatlicht. ​Obwohl viele bekannte Persönlichkeiten das Haus der Familie Rubinstein in der Zeit von Rumänien besuchten, hatte die Familie keine Beziehungen,​ die die Familie in den Augen der Sowjetmacht kompromittieren würden. Daher schien es ihnen, dass es nichts zu befürchten wäre. Doch im "​Sowjetjahr"​ verlor der kleine Herbert ​ seinen Vater für immer. Es geschah im Sommer 1941, als in Erwartung des baldigen Krieges ​die sowjetische Regierung ​die Mobilisierung durchfuehrte. ​Hunderte von Czernowitzern,​ darunter Max Rubinstein, ​wurden gewaltsam ​in die Reihen der Roten Armee g gepresst.. Herbert war noch ein kleines Kind, aber die Abschiedsszene mit seinem Vater gekleidet in einer  sowjetischen Uniform erinnert er bis heute. + 
-Die Familie hatte keine Zeit, sich von der Trennung mit ihrem Vater zu erholen, als ein weiteres Unglück kam. Bereits am Anfang Juli jenes Jahres ​kehrten ​die Rumänen in die Stadt zurück. Es war keine Spur von ihrer früheren freundlichen Haltung gegenüber den Juden. Im Gegenteilbei allen ihren Aktionen zeigten ​sie ihre Vorherrschaft und ihren Hass auf das lokale Judentum. Am 5. Juli verbreiteten sich Gerüchte über das Pogrom, das rumänische Soldaten ​im jüdischen Viertel ​begangen hatten mit Hunderten von Opfern. Am nächsten Tag erfuhr die Familie Rubinstein vom Brandanschlag auf den jüdischen Tempel und der Verhaftung des Rabbiners und Kantors. ​Am 7. und 8. Juli fanden Massenerschießungen der Hunderten von Juden auf dem Territorium des ehemaligen Sandsteinbruchs in der Nähe des Flusses Pruth. Glücklicherweise wurde zu dieser Zeit niemand aus der Familie Rubinstein verletzt. Aber im Haus war noch mehr Verzweiflung und Angst um die Zukunft.  +{{:​zeitzeugen:​czernowitz:​qr-klara-katz.png?​200|}} 
-Der damals fünfjährige Herberterinnert sich nicht daran, wie die Familien Rubinstein und Wolf die nächsten paar Monate gelebt hatten. Aber er erinnert sich daran, wie er mit den Nachbarskindern auf der Straße ​"Räuber und Gendarm" ​gespielt hat. Damals hörte er zum ersten Mal Beschimpfungen ​die Juden1941 kam der Umzug in das Ghetto. ​ Ein scharfer Kotgeruch steckt bis heute in seiner Erinnerung ​an einen Raum, der voller verzweifelter Menschen ​war.  Danach ​gab es verzweifelte Versuche zu überleben. Dann bedeutetedass sie auf keiner Weise in die Züge nach Transnistrien geraten sollten, die fast täglich ​von Czernowitz abgingen. Nur Dokumente könnten ihnen retten, die vom rumänischen Amt des rumänischen Landeshauptmann von Bukowina und Primarija (Stadtrat) den Juden von den „notwendigen“ Berufen ausgegeben wurden. Sie haben es jedoch nicht geschafft, diese Dokumente ​zu bekommenAber wie durch ein Wunder ​hatten ​sie das Glück, die gefälschten polnischen ​Dokumente ​zu bekommen. Sie retteten das Leben von den Mitgliedern der Familie. An einem Eisenbahnstation ​auf halben Weg nach Transnistrien ​wurden sie als die Bürger eines anderen Staatesvon den übrigen Czernowitzer Juden getrennt. Der Zug ging nach der nächsten Revision der Listen weiter ab+ 
- Mit den polnischen Dokumenten ging Herbert mit seiner Mutter und ein Teil von der Familie nach "Regat" - der alte Teil von Rumänien, wo sie sich bei den Bekannten und Fremden in den verschiedenen Städten, einschließlich Bukarest ​bis 1944 durchbrachen. Erst nach Czernowitz ​von der Roten Armee zurückgewonnen wurdekehrten die Mutter und der Sohn in ihre Heimatstadt zurück. Hier erfuhren ​sie über den Tod der Herberts geliebter ​Großmutter Anna Wolf. Hier erhielten sie die erschütternde Nachricht über den Tod von Herberts Vater. Es war im Juli 1945+Herbert Rubinstein wurde am 26. Februar 1936 in Czernowitz in einer jüdischen Familie ​als einziges Kind von Max und Bertha Rubinstein geboren. Er wuchs in einer sehr liebevollen Familie auf. Herberts Vater war Anwalt, und sein Großvater Leiba leitete eine der lokalen Brauereien. ​ 
-Damals wurde bereits Herberts Mutter ​Bertha ​aktiv an der Sozialarbeit ​der jüdischen ​Gemeinde ​beteiligtdie verzweifelt versuchte, seine Tätigkeit unter den Bedingungen der sowjetischen Realität wiederherzustellen. Im Frühling 1945 traf sie im Rahmen von dieser Arbeit den zukünftigen zweiten Vater von Herbert - einen Juden aus Düsseldorfder während des Krieges nach Amsterdam geflohen war, wurde aber aufgenommen und ins Konzentrationslager nach Polen geschicktIn dieser Zeit war es dem Schicksals wünschenswert,​ einen weiteren Test für Herbert vorzubereiten. Seine Mutter landete im sowjetischen Gefängnis unter dem Vorwurf ​der widerrechtlichen Ausstellung von Lebensmittelkarten. Nur die Beziehungen mit den richtigen Menschen und durch Bestechung wurde Berta vor der Trennung mit ihrem Sohn gerettet. + 
-Herbert erinnert sich nur an die illegale Überschreitung der sowjetischen Grenzean eine lange Reise zuerst nach Polen, und dann in die Hauptstadt der Tschechoslowakei. Er erinnert sich am besten an einen Flug von Prag nach Amsterdam, wohin der Berthas zufälliger Bekannter der ehemalige Auschwitz Häftling Max Rubin es geschafft hatte, alles fuer ihrer Ankunft vorzubereiten. Herbert war damals 10 Jahre alt. Hier in Holland erhielt ​er nicht nur seinen zweiten Vater, sondern ​auch die Möglichkeit, ​nach der Kindheit durch den Verlust von Verwandten und Angehörigen,​ sowie durch Völkermord,​ seine Jugend ​zu genießen. In Amsterdam ​erlebten ​Herbert mit seiner Mutter und seinem Stiefvater ​10 schwierige, aber glückliche Jahre und sie zogen im Jahr 1956 nach Düsseldorf. +Herberts glückliche Kindheit dauerte nicht lange. Im Sommer 1940 wurde die Nordbukowina zusammen mit Czernowitz als Folge der geopolitischen Perturbationen in Osteuropa ​zum Bestandteil der Sowjetunion Herberts Vater konnte seine private Rechtsanwaltspraxis nicht mehr fortsetzendie Brauerei des Großvaters wurde verstaatlicht. ​Im Sommer 1941 begann ​die sowjetische RegierungHunderte von Czernowitzern,​ darunter Max Rubinstein, in die Rote Armee einzuziehen. Herbert war noch ein kleines Kind, aber an die Abschiedsszene mit seinem Vatergekleidet in einer sowjetischen Uniformerinnert er sich bis heute. 
-Düsseldorf wurde in jeder Hinsicht ​die zweite ​Heimat für Herbert Rubinstein. Er fand hier viele neue Freunde, ​auch in der deutsch-katholischen Gemeinde. Hier gruendete ​er eine Firma fuer Damengürtel. Hierin der Stadt am Rhein, fand er unerwartet einen fehlenden Mikrokosmos von Vorkriegs-Czernowitzern in Form einer ziemlich großen Czernowitzer jüdischen DiasporaDarunter waren solche Persönlichkeiten wie Alfred Kittner ​und Rose Ausländer. Es war die Czernowitzer Diaspora aus der eine neuevollwertige jüdische Gemeinde entstand. Der ehemalige Czernowitzer Herbert Rubinstein wurde sehr schnell zu einem der aktivsten Mitglieder dieser Gemeinde und ist es bis heute. Im September 2017 besuchte er zum ersten Mal nach seiner 71-jährigen Abwesenheit seine Heimatstadt am Pruth wieder.+ 
 +Als Anfang Juli jenes Jahres die Rumänen in die Stadt zurückkamenbegingen ​sie am 5. Juli ein Pogrom ​mit hunderten von Opfern ​im jüdischen Viertel. Am nächsten Tag erfuhr die Familie Rubinstein vom Brandanschlag auf den jüdischen Tempel und der Verhaftung des Rabbiners und Kantors. ​Zwar entkam die Familie den Massenerschießungen am 7. und 8. Juli  auf dem Territorium des ehemaligen Sandsteinbruchs in der Nähe des Flusses Pruth, doch im Haus herrschte nun noch mehr Verzweiflung und Angst um die Zukunft. ​ 
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 +Der damals fünfjährige Herbert erinnert sich heute nicht mehr daran, wie die Familien Rubinstein und Wolf die nächsten paar Monate gelebt hatten. Aber er erinnert sich daran, wie er mit den Nachbarskindern auf der Straße ​Räuber und Gendarm“ gespielt hat. Damals hörte er zum ersten Mal antisemitische ​Beschimpfungen. ​Dann kam der Umzug in das Czernowitzer ​Ghetto, welches nur kurz existierteBis heute steht in seiner Erinnerung ​ein Raum voller verzweifelter Menschen, von scharfem Kotgeruch durchdrungen.  Danach ​ging es nur noch darumden fast täglich ​stattfindenden Deportationen ​zu entgehenWie durch ein Wunder ​kamen sie an falsche polnische ​Dokumente. Sie retteten ​der Familie ​das Leben. An einer Eisenbahnstation wurden sie als vermeintliche Polen aus dem Deportationszug geholt, der unmittelbar danach abfuhr. 
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 +Mit den polnischen Dokumenten ging Herbert mit seiner Mutter und einem Teil der Familie nach Regat, dem alten Teil von Rumänien, wo sie sich bei Bekannten und Fremden in verschiedenen Städten bis 1944 durchschlugen. Erst im Juli 1945 kehrten sie nach Czernowitz ​zurückwo sie vom Tod seiner ​Großmutter Anna Wolf und seines Vaters erfuhren.  
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 +Bertha ​Rubinstein nahm im Rahmen ihrer Sozialarbeit ​für die jüdische ​Gemeinde ​einen ehemaligen Auschwitz-Insassen, den Düsseldorfer Max Rubinbei sich aufDieser half der Familie Rubinstein späterzu ihm nach Amsterdam ​zu fliehen. Herbert war damals 10 Jahre alt. In den Niederlanden fand er nicht nur seinen zweiten Vater, sondern ​endlich ​die Möglichkeit, ​einfach ein Kind zu sein. In Amsterdam ​erlebte ​Herbert mit seiner Mutter und seinem Stiefvater ​zehn schwierige, aber auch glückliche Jahre und sie zogen im Jahr 1956 nach Düsseldorf. 
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 +Düsseldorf wurde in jeder Hinsicht ​eine neue Heimat für Herbert Rubinstein. Er fand hier viele Freunde, in der deutsch-katholischen Gemeinde ​und einer großen Czernowitzer jüdischen Diaspora. Hier begegnete ​er auch seiner Frau Ruthmit der er drei Kinder hatBeide sind bis heute äußerst aktive ​und anerkannte Mitglieder ​der neuen Düsseldorfer Jüdischen Gemeindebei deren Aufbau sie mitwirkten. Im September 2017 besuchte er zum ersten Mal nach seiner 71-jährigen Abwesenheit ​wieder ​seine Heimatstadt am Pruth, begleitet von seiner Tochter und der ukrainischen Filmemacherin Kseniya Marchenko.  
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 +[[https://​www.youtube.com/​watch?​v=Yo06TBx1M8I&​feature=youtu.be7&​fbclid=IwAR2t2R8Y1DqIhR-4DcSS-ErpO_kiWvnyxLAFxEuBRaS353ANUzg2fI6Fk4o]] 
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 +[[https://​www.youtube.com/​watch?​v=GRam0mgjWkE&​feature=youtu.be&​fbclid=IwAR0Rv2_aOrnL41I9w_oKIJeAA4ZbNtKYEDwrQUHmqtqh9HgPj5DH9SUBcAQ]]
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